Storyboard, Production Painting
und Costum drawing

Wenn man diesen Fantasy-Film sieht, ahnt man kaum, welche künstlerische Leistung hinter den bewegten Bildern steht. Das beginnt schon damit, wie die ungewöhnlich fantasieanregende Romanvorlage in definierte Bilder ungesetzt werden sollte. Die langen Streitereien um das Drehbuch, die in dem unfriedlichen Rückzug Michael Endes gipfelten, beweisen dies. Es ist das große Verdienst des Malers Ul de Rico, daß die lange für unrealisierbar gehaltene Umsetzung des Romanstoffes in bewegte Bilder so nahe am Original und meiner Meinung auch so nahe an der Fantasie der meisten Leser geschah. Mit seinen Production Paintings inspirierte er die Drehbuchautoren und auch das restliche Produzententeam. Doch damit allein ist noch kein Film gedreht. Wer denkt sich die ganzen Figuren und ihre Kostüme aus? Und wie wissen das Kamerateam und die Bühnenbildner, wie sich der Regisseur die Szenen vorstellt. Hier helfen Costum Drawings und das Storyboard.


Production Paintings

Warum es kein deutsches Wort für die Production Paintings gibt, liegt wohl daran, daß bei den hiesigen Filmen ein Verantwortlicher für sie aus Kostengründen eingespart werden muß. Trotzdem sind sie für einen erfolgreichen Film ganz wichtig. Sie bilden das Bindeglied zwischen der Romanvorlage und den Dreharbeiten. Dies ist ein weiter Spagat zwischen der originalgetreuen und die treffende Stimmung verkörkernde Interpretation auf der einen Seite und der technischen Realisierbarkeit durch den Film auf der anderen Seite.

Dem Maler Ul de Rico verdanken wir es, daß sich dieser Film so manifestiert hat, daß die meisten Zuschauer nach Fantasien mitgerissen werden. Er lieferte erste Bilder, die den Regisseur und die anderen Drehbuchautoren den roten Faden gaben. Aus seinen Entwürfen entstanden der Elfenbeinturm, der Felsenbeißer und die vielen anderen phantastischen Landschaften und Gestalten.

Auf der anderen Seite ist das Filmgeschäft geprägt durch eine große Hektik, sein enges Zeitregime und einen riesigen Haufen Arbeit. Leider vertrug sich das nicht mit dem sensiblen Künstler Ul de Rico, dessen Vertrag im April 83 aufgelöst wurde. Seine Aufgaben übernahmen Janez Plahuta-Japl und seine drei Mitarbeiter, die bereits zuvor bei Ul de Rico mitwirkten. Daß ihre Fähigkeiten nicht geringer waren, sehen wir daran, daß im Film nichts von dem Bruch zu spüren ist.

Sämtlich Bildbeispiele dieses Abschnitts stammen aus "Der Welt der Unendlichen Geschichte" aus dem Lübbe-Verlag. Die Gegenüberstellung des gemalten Felsenbeißers und seines "realen" Pendants zeigt, wie stark sich die Creatures-Bauer an ihre Vorgaben halten, wenn es sich umsetzen läßt. Im zweiten Beispiel, dem Elfenbeinturm sieht man auch eine gewisse Entwicklung der der gestalterischen Vorgaben, die als Zugeständnisse an die Realisierbarkeit getroffen werden mußten. Im der dritten Bilderreihe sind drei Beispiele zu sehen, die nicht im Film umgesetzt wurden: Ygramul - die Viele (diese Sequenz wäre mit der derzeitigen Tricktechnik nicht realistisch nachzubilden), das Irrlicht (wäre wohl auch zu klein gewesen) und die vier Stürme (die aber auch keine wesentliche Rolle spielen). Beim letzten Beipiel, dem Sphinxentor zum Südlichen Orakel wurde aus der räumlichen Idee eine ebene Kulisse.


Costum Drawings

Die Costum Drawings oder Kostümentwürfe entsprechen in ihrem Sinn im wesentlichen den Production Paintings. Auch hier gilt es, die abstrakten Vorstellungen der Romanvorlage graphisch niederzulegen, damit die Kostümschneider und Creatures-Bauer an ihre Arbeit gehen können.

Das künstlerische Team war natürlich das gleiche wie bei den Production Paintings, Juan Japl und seine Leute.

Gegenüber der künstlerischen Phantasie standen wieder die knappen Geldmittel. Das macht wohl die größte Leistung der Künstler aus, trotz oder gerade mit einfachen Mitteln eine perfekte Illusion auf der Leinwand zu schaffen.

Ihren größten Einsatz hatten die Kostümbildner für die Szene im Elfenbeinturm. Der große Ratssaal sollte voller Botschafter aller Wesen Fantasiens sein. Letztendlich sind dann wohl 78 (72?) rausgekommen. Mit der Kunst der Kameraleute, es wie ein dichtes Gedränge aussehen zu lassen, war das sicher genug. Von oben gesehen ist es jedoch faszinierend, wie leer der Saal doch war.


Das Storyboard

Es ist die Aufgabe des Storyboards, die Vorstellungen des Regisseurs so genau wie möglich aufzunehmen und sie an die Bühnenbildner, Kameraleute und Schauspieler zu übermitteln. Diese optische Übertragung ist sicher einfacher als das mündliche Erklären einer Szene in all ihren Details. Doch dafür muß jede Szene bis in die kleinsten Details für jede Einstellung gemalt werden. Für 90 Minuten rechnet man mit etwas 5000 Bilder. Diese zeigen das geplante Kamerabild und sind deshalb im Orinalformat des Films. Zur besseren Verständlichkeit werden wenn nötig noch Kommentare hinzugefügt.

Doch lohnt der riesige Aufwand? Klar. Sonst würde es ja keiner machen. Das Storyboard bringt erhebliche Vorteile. Die ausstehende Filmzeit wird berechenbar, wodurch sich die Zeiplanung vereinfacht. Dazu werden die Kosten kalkulierbar. Das spielt gerade bei solch großen Herausforderungen eine nicht zu unterschätzende Rolle. So hilft es beispielsweise dabei, daß die Bühnenbildner wirklich nur die benötigten Aufbauten gestalten und keine Zeit und Gelder verschenken. Ein weiteres Beispiel ist die Modell-Crew. Mit dem Storyboard wissen sie, wie ihre Creaturen auftreten, welche Bewegungen nötig sind usw. Erst mit dem Storyboard können sie ihre Arbeit richtig beginnen. Und als weiteres Argument für das Storyboard steht seine Verwendung als Diskussionsgrundlage für die Inzenierung.

Für diese unfangreiche Aufgabe wurden bei der Unendlichen Geschichte gleich vier Leute angestellt. Unter der Leitung von Janez Plahuta-Japl arbeiteten Peter Classey, Jimmy Stepanoff und Josip Trupinov. Zusätzlich fertigte der Maler Earnie Kollar zu jeder Szene ein farbenprächtiges Gemälde an. Nach einer witzigen Anmerkung von R. Eyssen waren diese begehrte Objekte für die Wohnzimmer so mancher Langfinger.

Ihre Ideen gekommen die Künstler normalerweise aus dem Drehbuch. Weil bei diesem schwierig umzusetzenden Thema das Drehbuch immer wieder geändert wurde, mußten die Künstler hier oftmals auf das literarische Original zurückgreifen. Es ist eine fantastische Leistung, die große Menge Soryboard-Bilder in kürzester Zeit fertigzustellen, damit auch nach die Bühnenbilder noch rechtzeitig ihre Arbeit anschliessen können. So sollen bei einer Diskussion der Inszenierung 20 briefmarkenartige Bleistiftzeichnungen in einer Stunde entstanden sein, die dann die Grundlage für die eigentlichen Storyboards waren. Juan Japl malte wohl einmal 90 Bilder in nur drei Tagen.

Bei all diesen beeindruckenden Fakten finde ich es am genialsten, wie genau der fertige Film mit den Bildern des Storyboards übereinstimmt. Da ist es doch schon ein wenig traurig für die Künstler, daß sie so weit hinten in der Produktionsteam-Liste stehen.

In den hier gezeigten Bildern vergleiche ich Storyboard und Film. Die Bilder stammen aus R. Eyssen: Der Film Die Unendliche Geschichte, Heyne-Verlag, München, 1984 sowie aus dem Film.

Wer mir noch mehr zu diesem Thema sagen kann, den bitte ich, mir einfach mal zu mailen .


Design von Gerald und Paulchen