Rainer/Myrleans/Matthias Fan-Fiction

Folge 3 (Rainer)

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Fortsetzung von Myrleans und Matthias Fan-Fiction

"Komm mit," sagte Atreju "ich muß dir etwas zeigen."

Bastian spürte eine gewisse Traurigkeit in den Augen seines Gegenübers. Atreju drehte sich um und ging. Bastian war unschlüssig ob er ihm folgen sollte.

"Geh nur," sagte die kindliche Kaiserin "es ist wichtig für dich, Bastian."

"Bis bald.." verabschiedete sich dieser. Mit einem mißmutigen Brummen setzte sich Bastian in Bewegung und folgte Atreju. Innerlich ärgerte ihn, das die Audienz bei der kindlichen Kaiserin doch etwas kurz war. Viel zu kurz!

Bastian verließ das Plateau. Als er am Torbogen um die Ecke blickte, sah er gerade noch Atreju eine Treppe hinuntersteigen. Es war eine richtig uralte, steinerne Wendeltreppe, wie man sie manchmal in alten Burgen und Klöstern findet. Aber der Elfenbeinturm war ja fast so etwas ähnliches wie ein verwunschenes Schloß. Im schummrigen Licht konnte man gerade noch die Treppenstufen erkennen. Die Trittfläche verkleinerte sich nach innen hin un die Stufen bestanden aus ziemlich abgewetzten Ziegelsteinen. Es ging steil abwärts. Bastian zögerte. Da runter? Der kalte Modergeruch, der von unten aufstieg, ließ ihn etwas frösteln.

"Kommst du nun?" rief Atreju von unten und seine Stimme bekam durch das Treppengewölbe einen kellerartigen Nachhall.

"Jaaaa!" rief Bastian ins Halbdunkel. Mit einem derben Fluch betrat er die Treppe. Diese wollte fast kein Ende nehmen. Er versuchte sich zu beeilen um Atreju wenigstens ansatzweise einzuholen. Durch das ständige kreisförmige hinabsteigen hatte Bastian längst die Orientierung verloren, als die Treppe in einem großen dunklen Gewölbe endete. Der Raum war leer. Er sah aber, das an den Wänden alte Ölbilder mit Portraits von irgendwelchen Leuten hingen. Wer es war konnte er aber nicht erkennen. Bastian suchte einen Lichtschalter, fand aber nichts dergleichen. Er wollte Atreju nicht verlieren. Bastian wußte nicht wo dieser hingegangen war, entdeckte aber an der anderen Seite des Raumes eine geöffnete Tür, aus der ein warmer, strahlend heller Lichtschein fiel. Fast so wie das Licht am Ende eines Tunnels. Bastian konte sich dem nicht entziehen. Er wollte wissen, was es damit auf sich hatte. Sein Gehirn fing an zu arbeiten.

'Was soll das?' fragte er sich. 'Soll das das "Ende" sein?' Er betrat den Raum und merkte, das er sich in einer vieleckigen Kammer befand, die durch hunderte von Kerzen erleuchtet wurde. In der Mitte des Raumes stand ein sechseckiger Tisch, auf dem ebenfalls Kerzen standen. Sie waren alle unterschiedlich lang und dick. Das einzige Gemeinsame war ihre beige-weiße Farbe. Neben dem Tisch stand Atreju, der hier offenbar schon auf Bastian gewartet hatte. Bastian entdeckte, das manche Kerzen Kerben und Kratzer hatten. Eine jedoch fiel ihm auf, weil ihr kleiner Docht fast im flüssigen Wachs zu ertrinken drohte. Die kleine Flamme konnte das Wachs nicht richtig abschmelzen. So brannte sie zwar viel langsamer ab. Doch der kleinste Luftzug konnte das Flämmchen auspusten. Bastian konnte seinen Spieltrieb nicht unterdrücken. Er griff nach der Kerze um das Wachs oben weiter nach innen zu drücken.

"Nicht!" rief Atreju warnend. Bastian nahm seine Hand weg.

"Was soll das sein?" fragte er.

"Ein Zeichen."

"Ein Zeichen - für was!? Soll das meine Fantasie sein?"

"Das ist dein Leben!" sagte Atreju ernst.

Bastian begann, sich 'seine' Kerze genauer anzusehen. Sie sah aus, als wäre sie schon mal umgestoßen worden und auf dem Fußboden gelandet. Weiter oben, kurz vor der Flamme, war sie durchgebrochen. Nur der Docht hielt oberes und unteres Ende noch zusammen. In Bastians Kopf kreisten die Gedanken. Er konnte sich keinen Reim auf das Ganze machen, begriff aber wohl, das es doch einen tieferen Sinn haben musste. Plötzlich ergriff Atreju das Wort.

"Du hast deine Fantasie verkauft. Du hast sie behandelt wie einen Brunnen und nun ist er leer." Der letzte Satz klang ein bißchen spöttisch, als ob Bastian nicht so ganz wüsste, was er tat. "Na ja." sagte dieser darauf "Aber-" Er verwarf seinen Gedanken und sagte stattdessen:

"So ganz Ohne ist das nicht."

"Bastian, du bist erwachsen geworden. Aber du hast deinen Charakter nicht verändert. In deinem tiefsten Inneren bist du immer noch ein bißchen schüchtern - und sensibel. Und du lässt dich breittreten."

"Tja..." Bastian wusste nicht was er antworten sollte. Er fühlte sich irgendwie in die Enge getrieben. "..ich glaube, ich sollte wirklich bald einen Strich machen." beendete er schließlich seinen Satz. Es entstand eine kurze Pause.

"Was glaubst du, wie viele Bastians es auf der Welt gibt?" fragte Atreju unvermittelt. Die Frage war mißverständlich gestellt, aber Bastian dachte sich bereits, das damit weniger sein Name, sondern eher sein etwas weichherziger Charakter gemeint war.

"Keine Ahnung. Die meisten werden sich schon vor einen Zug geschmissen haben." antwortete Bastian in einem Anflug von Sarkasmus.

"Falsch!" sagte Atreju "Selbstmord ist was für Leute mit einer starken Persönlichkeit. Und die hast du nicht."

Bastian fühlte sich gekränkt. Atreju fuhr fort.

"Es gibt mehr als du denkst. Aber sie werden alle erwachsen und dann verändern sie sich. Es kommt auch drauf an, welchen Beruf sie später erlernen. Spätestens ab dem Auszug zu Hause, verdrängen die meisten ihre Kindheit und benutzen ihre Fantasie nur noch, um sich einen Runterzuholen." Bastian schmunzelte. Er fand es erfrischend, das Atreju so offen darüber sprach. Nach einer Weile fügte dieser hinzu:

"Fantasie braucht Zeit. Aber wer hat die schon heutzutage. -- Hast du eigentlich schon mal etwas gemacht, ohne das es dir jemand vorgeschlagen hat?" Bastian dachte nach.

Er hatte irgendwann damit angefangen, seine fantastischen Ideen und Träume aufzuschreiben. Sein Vater hatte eine seiner Geschichten gefunden und seinen Sohn überredet damit an einem Schreibwettbewerb der Lokalzeitung teilzunehmen. Da war Bastian siebzehn. Einem Redakteur gefiel Bastians leicht verständlicher, schnörkelloser Stil. So hatte er erst ein Praktikum und später ein Volontariat bekommen. Auch anderen Leuten gefielen Bastians Artikel und Geschichten. Das sorgte unter anderem dafür, das man Bastian Baltasar Bux inzwischen als Taschenbuch in jeder Bahnhofsbuchhandlung kaufen konnte. Seine Autogrammstunden gab er in letzter Zeit immer häufiger auch in den kleineren Städten, was man böswillig vielleicht schon als Abstieg deuten könnte. Auch Bastian konnte sich diesem Gefühl nicht ganz entziehen. Er fühlte sich in letzter Zeit tatsächlich etwas ausgebrannt. Sein Leben war bis hierhin recht reibungslos verlaufen. Das einzige was noch fehlte, wäre eigentlich die Frau für's Leben und eine kleine Familie. Bastian wünschte sich das von Zeit zu Zeit. Zur intensiven Partnersuche hatte er aber im Grunde keine rechte Lust. Als prominenter Autor war man eben zu beschäftigt. Irgendwann würde sich schon was ergeben.

"Und? Was soll ich nun machen? Den Brunnen wieder voll laufen lassen?" fragte Bastian Atreju. "Wie wäre es, wenn du weniger grübelst und dafür einfach handelst. Und denk dran: Fantasien braucht dich! Du hast noch ein Leben neben der Tastatur. Und - zerbrich dir nicht so viel den Kopf über die Kerze."

"Wieso? Was bedeutet die denn nun?"

"Ich weiß es auch nicht; ich wollte nur, das du es mal siehst."

Ein laut hallender, elektronischer Signalton ertönte. Atreju und Bastian blickten erschrocken nach oben zur Gewölbedecke. Die Decke öffnete sich wie die Blende eines Fotoapparates und alles wurde in ein grelles weißes Licht getaucht. Der Signalton ertönte wieder. Atreju verschwand im weißen Nichts und im nächsten Augenblick fand sich Bastian auf dem scheußlichen orangen Designersessel wieder, auf dem er wohl kurz eingenickt sein mußte. Er registrierte das sein Handy klingelte. Das musste ihn auch geweckt haben. Mit einem leisen Fluch nahm er es und sah auf das Display. Es zeigte ein hüpfendes Männchen, dem alle 2 Sekunden der Kopf explodierte. Diese Animation hatte Bastian programmiert. Sie erschien, wenn sein Agent anruft.

Rainer

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