Rainer/Myrleans/Matthias Fan-FictionFolge 6 (Myrlean) |
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Bastian strich immer wieder fast zärtlich über den Einband. Er schloß die Augen und betastete das Leder, die Nähte die es zusammenhielten und schließlich die Schlangen - die Schlange. Zu verblüfft, um die Augen sofort wieder zu öffnen, befummelte er das Metall. Eine Schlange nur? War es kaputt gegangen? Er blickte das Abbild - war es nur ein Abbild?- Auryns an und erstarrte. Nur eine Schlange, die sich selbst in den Schwanz biß! Die dunklere der beiden, wenn er sich nicht irrte. Er schob sein Gesicht näher an den Einband. Das Leder unter der Schlange, die eine 8 bildete, schien irgendwie dunkel und feucht zu sein, doch es fühlte sich ganz trocken an. Im nächsten Moment schien es ihm auch schon eher verbrannt, aber auch dieser Eindruck hielt nicht lange vor. Es sah nicht aus, als wäre es kaputt gegangen, es schien, als wäre es schon immer so gewesen. Und irgendwie kam es Bastian bald schon so vor als wäre es das wirklich und seine Verwunderung wich einem seltsamen Gefühl der Unvollkommenheit, das er nicht wirklich erkennen oder verstehen konnte. Und irgendwie war dieses Gefühl nicht eben erst in ihm entstanden, viel mehr war es aus seinem tiefsten Inneren an die Oberfläche getrieben. Er wusste dass ihm etwas fehlte, doch er hatte keine Idee was es sein könnte. Schließlich legte er das Buch in ein Regal, er fühlte sich zu zerissen zum Lesen und befürchtete, er würde nur Zeilen überspringen und sich nicht richtig konzentrieren können, wenn er jetzt anfangen würde zu lesen. Eine große Müdigkeit kam über ihn, und er schaffte es kaum noch sich richtig bettfertig zu machen, ehe er schließlich auf das Bett fiel. Trotzdem konnte er nicht einschlafen. Mondenkind. Selma. Lukas. Selma. Atreju. Selma - Selma - Selma. Die nächsten Tage stieg er immer wieder auf's Dach, in der Hoffnung sie wieder zu sehen. In der Hoffnung, eine Bestätigung für ihre Existenz zu finden. Seine Gedanken kreisten um die Pillen in seinem Schrank. Ob Selma zu der Erinnerung an einen Traum verblasste, wenn er eine nehmen würde? Das war eigentlich der einzige Grund, warum er keine nahm. Schließlich holten ihn die Gedanken an die Plagiatsvorwürfe wieder ein. Er sollte sich wirklich bei dieser Mondenkind melden. Morgen. Das Buch war plötzlich wieder Mittelpunkt seiner Aufmerksamkeit. Sollte er? Ob die Geschichte wohl einfach da weiterging wo Lukas aufgegeben hatte? Nein sicher nicht...es würde seine Geschichte sein. Er holte Luft, setzte sich bequem hin und schlug das Buch auf. Es gab kein Echo, obwohl der Raum riesig war. Wirklich riesig. Die Seitenwände waren vielleicht 100 Schritte voneinander entfernt, doch die Wand vor ihr konnte Lelaik nicht mehr sehen. Ein unwahrscheinlich langer Gang, dessen Ende sich in Nebel aufzulösen schien. "Beeindruckend, nicht war?" sagte Opui, ein weiser Zauberer, der die Fee begleitete. Lelaik konnte nur nicken und schwebte ein Stückchen weiter in den Gang. Opui folgte ihr mit würdevollen Schritten. An den Wänden zu ihren Seiten waren Bilder, manche groß, manche klein. Sie erschienen so naturgetreu, als würden die Ereignisse, die darauf zu sehen waren, jeden Moment weitergehen. Auf einem war ein Menschenmädchen zu sehen, es rannte vor einem riesigen Drachen davon, doch beide waren in der Bewegung erstarrt. Auf dem nächsten Bild ein menschlicher Junge, er stand mit angstverzerrtem Bild vor einem See, aus dem ihm etwas, das Lelaik nicht erkennen konnte, entgegenstarrte. Auf einem anderem Bild war ein Glücksdrache, mit einem Menschenjungen auf dem Rücken, und ein gräßlicher schwarzer Wurm, der die beiden anzugreifen schien. Einmal sah Lelaik ein ängstlich wirkendes Mädchen, dass einem wunderschönen Elfenprinzen gegenüber stand, der sie anscheinend küssen wollte, doch auch dieses Bild war starr und unbeweglich. Es gab auch ein paar wenige erwachsene Menschen, die oft in Spiegel oder Seen starrten und weinten. Einige Personen befanden sich auch in ganz harmlosen Situationen, zum Beispiel ein Mädchen das auf einer Waldlichtung saß und lachend dem Tanz einiger leuchtender Feen zusah. Bei diesem Bild gefror Lelaik das Blut in den Adern. "Diese Feen - das ist nicht nur ein Bild." Opui nickte. "Ja. Das sind alles Wesen, die feststecken." Lelaik schluckte. "Du meinst - ihre Geschichten wurden nicht zuende erzählt?" "Ja. Die Menschen, die von ihnen lasen, hörten einfach auf zu lesen, sie klappten das Buch zu und rührten es nie mehr an. Und nun sind sie alle gefangen. Aber flieg nur weiter, das war noch nicht das schlimmste." Lelaik wollte eigentlich wieder umkehren, doch sie zwang sich weiterzufliegen. Wieder betrachtete sie die erstarrten Bilder, und diesmal war es schlimm sie anzusehen und nicht mehr nur sonderbar. Was war, wenn ihre Geschichte auf einmal nicht mehr weiterging? Sie schüttelte sich ängstlich, und eine Wolke Feenstaub löste sich von ihren zarten Flügeln. Auf einem der nächsten Bildern sah sie nur einen jungen Mann, der auf einer Art Kissen lag. Er war sehr groß und seltsam angezogen, der Raum in dem er sich befand war fremdartig für Lelaik, nur der Blätterverband an seinem Arm schien normal zu sein. War das Lukas? Bastian schauderte. Welche Wesen waren wohl durch ihn erstarrt... Lelaik sah sich weiter um und sah noch viele andere Bilder. Immer kam ein Menschenkind darin vor. Manchmal war es allein, doch oft konnte sie die armen phantásischen Kreaturen sehen die mit ihnen erstarrt waren. Das nächste Bild ließ sie taumeln. Ihre Flugmagie versagte, doch Opui fing sie auf seiner Hand auf. "Das ist schrecklich! Opui, oh nein... das kann doch nicht!" Sie schluchzte. Auf dem Bild war ein ganz in cremefarbenem weiß gehaltener Raum, ein Mensch, der nur von hinten zu sehen und der ganz in eine Kutte gekleidet war, die es unmöglich machte etwas an diesem zu erkennen, kniete vor einem weißen Thron. Die Kindliche Kaiserin saß darauf. |
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